Von
Kaweh Berlin zu Kaweh
München
Von: Dr. Mohammad Assemi
(übertragen
aus dem Persischen: Dariush Nodehi)
(c)
Kaweh-Alle
Rechte vorbehalten,2001
Kaveh Berlin
Am 28 Juni 1914
löste die Ermordung des österreichichen Kronprinzen Franz
Ferdinand in Sarajevo den ersten Weltkrieg aus. Im Laufe dieses Krieges
bildeten sich zwei große Allianzen; auf der einen Seite schlossen
sich Großbritanien, Frankreich, Rußland, Italien, Belgien,
Serbien, Montenegro, Griechenland, Portugal und Rumänien zusammen,
auf der anderen Seite Deutschland, Österreich,Ungarn, das
osmanische Reich und Bulgarien. In diese unruhige Zeit fiel auch die
Krönung von Ahmadschah Kadschar, die knapp einen Monat nach
Ausbruch des ersten weltkrieges , am 22.Juli 1914, stattfand. Zu Beginn
des Krieges erklärte sich der Iran als neutral. Das deutsche Reich
bemühte
sich indessen, die Mohammadaner unter der Fahne des Pan-Islamismus auf
ihre
Seite zu ziehen. Schon bald forderten radikale Mitgieder des iranischen
Parlaments und Anhänger des Pan-Islamismus, die Deutschen und mit
ihnen verbündeten Osmanen zu unterstützen, weil sie hofften,
sich dadurch von der verhassten imperialistischen Politik
Großbritaniens und Und Rußlands befreien zu können.
Die Regierung lehnte die Unterstützung Deutschlands
jedoch ab, und die Anhänger Deutschlands gingen von Teheran nach
Ghom,
wo sie das "Komitee zur nationalen Befreiung" gründeten. Von dort
aus
versuchten sie mit Hilfe von Fetwas von hohen Geistlichen, die Iraner
gegen
Rußland und England zu organisieren.
In dieser Zeit erhielt Seyyed
Hassan Taghizadeh, ein aktiver Freiheitskämpfer der
konstitutionellen Revolution, der sich gerade in den USA aufhielt, eine
Einladung der deutschen Regierung. Im Berlin wollte man sich mit ihm
beraten, wie man die imperialistischen Bestrebunhen der Engländer
und Russen eindämmen könnte. Zusammen mit anderen in Europa
ansässigen Iranern gründete Taghizadeh das " Komitee des
iranischen Nationalisten " . Als Forum für die Verbereitung ihrer
politischen Ziele publizierten sie eine Zeitung unnter dem Namen
"Kaweh", deren erste Ausgabe am 24. Januar 1916 in Berlin erschien.
Diese Zeitung
bestand meist aus acht seiten, manchmal war ihr Umfang auch etwas
größer.
In den ersten Vier Jahren war
sie ein überwiegend politisches Magazin, das die
Deutsch-Osmanische Allianz gegen Rußland und England
unterstützte. Berichte von den Kriegsschauplätzen sowie
Artikel über die Hintergründe der Russischen und englischen
Politik Im Nahen osten, besonders im Iran, dominierten die Zeitung. Mit
der Zeit wurden auch Artikel über iranische Literatur
veröffentlicht. Die wichtigsten Mitarbeiter von Kaweh waren,
Taghizadeh, Mohammad Ghazvini und Jamalzadeh. weiterhin gaben Seyyed
Abolhassan Alavi, Vater des Bozorg Alavi, Ebrahim Pourdawood, Hossein
Kazemzadeh-Iranschahr, Reza Tarbiat,
Taherzadeh Behzad, Esmail Amirkhisi und Abolhassan Hakimi wichtige
Impulse
für die inhaltliche Gestaltung der Zeitung. Sie alle waren
später wichtige Politiker oder machten sich als
Literaturwissenschaftler einen
Namen. Auch bekannte deutsche Orientalisten wirkten bei der Kaweh
Berlin
mit, darunter Wilhelm Litten.
1920 veröffentlichte Kaweh
unter dem Titel " persische Bibliographie " eine umfassende Auflistung
europäische Bücher über den Iran. Kaweh berlin druckte
nun auch neben den
politischen und literarischen Artikeln Berichte über
Aktivitäten,
Veranstaltungen, Festen von Iranern in Berlin.
Man gründete einen
Deutsch-Iranischen Verein, dem sich viele deutsche Orientalisten und
Iraner anschlossen. Der Verein veranstaltete u.a. Diskussionsabende zu
verschiedenen Themen in Bereich Literatur und Wissenschaft. Nach dem
Ende des ersten Weltkriegs und der
Niederlage Deutschlands waren die politischen Aktivitäten der
Iraner lahmgelegt. Die Zeitung Kaweh setzte ihren Schwerpunkt nun auf
Literatur und Gesellschaft, es erschienen Artikel über neueste
Forschungen zu
persische Literatur und Sprache. Dennoch wurden auch kritische Artikel
und
Dokumente über die Politik der Briten und Russen abgedruckt. Bei
mancher
dieser Artikel handelte es sich um Übersetzungen von deutschen
Orientalisten
und Iran-Experten. Der Zeitungsgründer seyyed Hassan Taghizadeh
bekam
von der iranischen Regierung den Auftrag, mit den Russen ein neues
Handels-
und Zollabkommens zu verhandeln und verließ Berlin.
Die letzte Ausgabe von Kaweh
Berlin erschien am 30. März 1922. Die Zeitung mußte aus
finanziellen
Gründen eingestellt werden, da es den Haruagebern nicht gelungen
war,
neue Geldquellen zu beschaffen. Prof. Edwar Brown schrieb hierzu: "das
ist
ein großer Verlust für die Iranisten".
Kaweh München
Anfang der 60er Jahre
hatte ich die Idee, die Zeitung kaweh wieder aufleben zu lassen. Viele
namhafte iranische Schriftsteller unrtstützten mein Vorhaben. Im
März 1963 schließlich, fast ein halbes Jahrhundert nach der
Gründung
von Kaweh Berlin, erschien die erste Ausgabe der Kaweh München,
die
den drei Gründern der Kaweh Berlin gewidmet war: dem großen
iranischen Literaturwissenschaftler Mohammad Ghazvini, dem
Schriftsteller Mohammad
Ali Jamalzadeh und dem Schriftsteller und Politiker Seyyed Hassan
Taghizadeh. Bis heute sind 93 Ausgaben erschienen. Die Zeitschrift ist
umfangreicher geworden, manche Ausgaben bestehen aus bis zu 300 Seiten.
Neu war auch die Idee, Zusammenfassungen der wichtigsten Artikel in
deutscher und englischer Sprache abzudrucken. Auf Vorschlag von Ehsan
Tabari war die Kaweh von der 7. Ausgabe an nur noch zweisprachig, auf
englische Zusammenfassungen wurde ganz verzichtet, dafür
erschienen aber vollständige Artikel auf Deutsch. Der Hintergrund
dafür war, mehr deutschsprachige leser für die Zeitschrift zu
gewinnen. Dieser deutscher Teil wurde von Eberhard Krüger
gestaltet, damals Student, heute Professor an der Universität
München im Fachbereich Orientalistik.
Die erste Ausgabe
der Kaweh München schickte ich an Seyyed Hassan Taghizadeh, der zu
der Zeit Vorsitzender des iranischen Senats war. Anfang war er von der
Übernahme
des Namen nicht begeistert und zeigte keine Interesse an unsere
Zeitschrift.
Erst später konnten wir bei einem Treffen in München alle
Mißverständnisse klären, und von da an
unterstützte er uns. Auf ähnliche Weise
lernte ich auch Ali Dashti kennen. kaweh München
veröffentlichte zahlreiche interessante Artikel von bedeutenden
Schriftstellern und Wisssenschaftlern aus dem Iran. Auch namhafte
deutsche Orientalisten, wie Prof. Spüler und Prof. Wilhelm Eilers
unterstützten die Zeitschrift. In der Sowjetunion erschien ein
ausführliche Artikel über Kaweh in der Zeitschrift der
Akademie der Wissenschaften aus der Feder von Prof. Kommisarow. Neben
der Zeitschrift gründeten wir den " Kultvrerein Kaweh ". der
Verein
verfügte über eine Bibliothek und einen großen Saal, in
dem
unterschiedliche Veranstaltungen, u.a. Diskussionen, Lesungen,
Ausstellungen und Vorträge stattfanden. Unter den referenten waren
berühmte Persönlichkeiten und Wissenschaftler, um einige zu
nennen: Dr. Abbas Zaryab Khoi, Habib Yaghmai, Dr. Mahmud Sanai, Saidi
Sirdjani, Manoutschehr Sheybani, Bozorg Alavi.
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